Ringvorlesung: Physik der Verdunstung über Wasser- und Landoberflächen sowie Ergebnisse hochauflösender Klimamodellierung für die Region Lausitz
09.05.2023
Verdunstung ist Teil des Pflanzenwachstumsprozesses, reduziert das verfügbare Wasser im Boden und Gewässern und kühlt den Untergrund ab. Wie in der Abbildung angedeutet, hängt die Verdunstung von den physikalischen Eigenschaften des Untergrundes, der Vegetation und vom Wetter ab. Insbesondere die Nettoeinstrahlung am Boden, die Stärke des bodennahen Windes und die relative Luftfeuchte in Bodennähe bestimmen den Verdunstungsfluß. Da die Verdunstung eine wichtige Komponente der lokalen Energie- und Wasserbilanz ist, verändert die Verdunstung die Verdunstungsbedingungen und kann sich stark ändern bei kleinen Änderungen der klimatischen Bedingungen.
Die Messung der Verdunstung ist sehr aufwendig und deshalb nur punktuell möglich. Aussagen über die Verdunstung über größeren Flächen können nur mithilfe der Modellierung gewonnen werden. Es wurden mehrere semi-empirischen Formeln entwickelt, die es erlauben, die Verdunstung mithilfe von einfach zu messenden Größen näherungsweise zu bestimmen. Für Wasseroberflächen ist dies mit relativ hoher Genauigkeit möglich (potentielle Verdunstung). Für Landoberflächen mit Vegetation ist dies nur mithilfe numerischer Modelle mit hinreichender Genauigkeit möglich.
Eine Veränderung der Landnutzung kann die Verdunstung erheblich verändern. Diese Veränderung kann durch die erwartete Klimaänderung verstärkt oder abgemildert werden. Zuverlässige Aussagen über die Wasserverfügbarkeit in der Zukunft sind möglich, wenn die Verdunstungsphysik, die Veränderung von Wetter und Klima und die Landnutzungsänderungen im Rahmen eines dynamischen Modells hinreichend genau erfasst werden.
In den letzten Jahren wurden erhebliche Fortschritte im Bereich der Entwicklung realitätsnaher dynamischer Modelle erzielt, um das Wetter und Klima in einer Region quantitativ mit hoher Genauigkeit bestimmen zu können. Diese Modelle beruhen auf dem physikalischen Verständnis des Erdsystems und berechnen unter anderem die lokalen Wasser- und Energiebilanzkomponenten. Ein solches „state of the art“ Modell ist das COSMO-CLM, welches vom Deutschen Wetterdienst für die operationelle Wettervorhersage und von der CLM-Community für die regionale Klimamodellierung verwendet wird. An der BTU wurde dieses Modell für die Anwendung in kleinen Regionen weiterentwickelt und in der Region Nord-Ost-Deutschland angewandt. Insbesondere wurden erstmalig die Tagebauseen, die größer als 1km2 sind explizit behandelt. Dies ermöglicht, Aussagen über die Veränderung der Verdunstung aufgrund der Erweiterung der Seeoberflächen und der Veränderung des Klimas in der Region zu treffen.
Im Rahmen des Vortrags werden die wesentlichen Aspekte der im COSMO-CLM verwendeten Verdunstungsphysik erläutert, die Ergebnisse der hoch aufgelösten Modellierung des Wasser- und Energiehaushalts in der Region Lausitz vorgestellt und in ihrer Bedeutung diskutiert.