Der Sulfatgehalt in der Spree und das Trinkwasser
Es war ein Test, wie er für den Dozenten hätte nicht besser ausfallen können: Vier Probanden sollen den Sulfatgehalt von drei handelsüblichen Wässern bewerten. Dabei liegen alle daneben.
Und das, wo der Unterschied von 16, 94 und 1350 Milligramm/Liter SO erheblich ist.
Für Dr. Volker Preuß ist das aber nicht verwunderlich. Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl Wassertechnik der BTU Cottbus/Senftenberg stärkt damit vielmehr seine These, dass die zahlenmäßig weit differierenden Sulfatwerte in Wässern kaum bemerkbar sind. Und dennoch legt die aktuelle – EU- weit harmonisierte – Trinkwasserverordnung von 2011 als Grenzwert 250 mg/l fest.
Die bereits dritte Veranstaltung der Ringvorlesung des Wasser-Clusters Lausitz e.V. auf dem Zentralcampus der BTU in Cottbus ist am Dienstagabend gut besucht. Zuletzt haben sie Interessantes über die brandenburgisch-sächsische Flutungszentrale für die Lausitzer Bergbauseen erfahren und mitdiskutiert.
Diesmal geht es um den "Sulfatgehalt in der Spree und Konsequenzen für die Trinkwasserversorgung".
Die Zuhörer im Hörsaal A sind nicht nur – aber vor allem – Wasserexperten. Sie können über die Schlagzeilen aus dem Jahr 2015, als vor der abführenden Wirkung eines zu hohen Sulfatgehaltes im Trinkwasser berichtet und gewarnt wurde, nur schmunzeln. Und sie haben, zum Teil aus ihrer beruflichen Karriere, jene Zahlen im Kopf, die Volker Preuß vorträgt.
Etwa, als der Dozent die Sulfatfracht der Spree vom Lausitzer Kohlerevier bis nach Berlin auf einer Grafik verdeutlicht und auf die Besonderheit für Lübbenau hinweisen will: "329 Milligramm je Liter", raunt es aus der ersten Reihe im Hörsaal. Volker Preuß nickt zustimmend und sagt, dass Lübbenau aufgrund von regionalen Einträgen seit Jahren über dem Grenzwert liegt. Laut Trinkwasserverordnung ist hier eine Einzelfallprüfung erforderlich, die das lokale Gesundheitsamt vornehmen muss.
Im Falle von Lübbenau haben sich keine Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit ergeben. Der BTU-Wasserexperte fügt hinzu, dass selbst für den Bereich von 500 bis 1000 mg/l Sulfatgehalt das Trinkwasser unbedenklich sei. Auf die Medien-Schlagzeilen und die Warnung vor einer abführenden Wirkung eingehend betonte er, dass für diesen Effekt etwa das Hundertfache des Lübbenauer Wertes notwendig sei.
Ein zu hoher Sulfatgehalt nagt aber auch an Beton. Wasser- und Abwasserbetriebe müssen deshalb den Materialeinsatz genau abwägen. Aus dem Publikum kommt die Frage, warum für den Cottbuser Ostsee eine um drei Millionen Euro teurere Kaimauer aus Metall (anstatt Beton) gewählt wurde, obwohl der Sulfatgehalt nach Leag-Berechnungen 500 mg/l nicht übersteigen soll? Weil Cottbus letztlich auf der sicheren Seite sein wollte, antwortete Leag-Geotechniker Ingolf Arnold, der ansonsten interessierter Zuhörer war.
Christian Taubert